👂🎴🕸️🧾
Der verzauberte Brahmanensohn:::

In der Stadt Rajagriha lebte ein Brahmane namens Devasarman. Dessen Gattin weinte sehr über ihre Kinderlosigkeit, wenn sie die Kinder der Nachbarn sah. Da sprach eines Tages der Brahmane: „Liebe! Höre auf dich zu grämen! Sieh, ich habe ein Opfer dargebracht, um einen Sohn zu erlangen. Da sprach irgendein unsichtbares Wesen mit deutlichen Worten folgendermaßen: Brahmane! Dieser Sohn wird dir zuteil werden, an Schönheit und Tugend alle Menschen übertreffend und reich an Glück!“ Nachdem sie dies gehört hatte, wurde das Herz der Brahmanin von höchster Seligkeit erfüllt und sie sagte: „Solche Orakel sind untrüglich!“ Im Verlauf der Zeit wurde sie schwanger und brachte bei ihrer Niederkunft eine Schlange zur Welt. Als man diese erblickte schrien alle übrigen: „Werft sie weg!“ Sie kümmerte sich aber nicht darum, sondern nahm sie zu sich, ließ sie baden, legte sie - voll Mutterliebe zu ihrem Sohn - in ein großes reines Gefäß, fütterte sie mit Milch, frischer Butter und ähnlichen Dingen, so daß sie in etlichen Tagen zu ihrer vollen Größe heranwuchs. Einstmals, als die Brahmanin das Hochzeitsfest eines Nachbarsohns erblickte, wurden ihre Augen von Tränen getrübt und sie sprach zu ihrem Gatten: „Du behandelst mich doch ganz und gar verächtlich, da du dir gar keine Mühe gibst, das Hochzeitfest meines lieben Kindes herbeizuführen!“ Als er dies gehört, sagte der Brahmane: „Ehrwürdige! Da müßte ich in die tiefste Unterwelt gehen und den Schlangenkönig Vasuki ansprechen! Denn wer anders, oh Törin! würde seine Tochter einer Schlange zur Frau geben?“ Als er nach diesen Worten die Brahmanin mit ganz außerordentlich betrübtem Gesicht erblickte, so nahm er, um sie zufrieden zu stellen, etwas Reisezehrung und ging aus Liebe zu seiner Frau in ein fremdes Land. Nachdem er etliche Monate herumgereist war, kam er zu einem Ort namens Kukutanagara. Dort wurde er in dem Hause eines mit ihm bekannten Kastengenossen, in welches er gegen Abend einkehren mußte, mit Bad, Nahrung und allem Zubehör bedient und brachte daselbst die Nacht zu. Als er sich in der Frühe von dem Brahmanen verabschiedet hatte und im Begriff war, weiter zu wandern, so fragte ihn dieser: „Aus welchem Grunde bist du hierhergekommen und wohin wirst du gehen?“ Auf diese Worte entgegnete jener: „Ich bin gekommen, um ein passendes Mädchen für meinen Sohn zur Frau zu suchen.“ Nachdem er dies gehört, sagte der Brahmane: „Wenn dem so ist, so habe ich hier eine überaus passende Tochter und du bist bei mir sehr angesehen; drum nimm diese für deinen Sohn!“ Auf diese Worte nahm der Brahmane das Mädchen samt ihrer Dienerschaft und kehrte nach seinem Wohnort zurück. Als aber die Bewohner dieses Gebiets ihre unvergleichliche, mit den wunderbaren Eigenschaften des höchsten Reizes geschmückte Körperschönheit erblickten, rissen sie vor Liebe die Augen weit auf und sprachen zu ihrem Gefolge: „Wie konntet ihr ein solches Juwel von einem Mädchen einer Schlange ausliefern?“ Nachdem sie dies gehört, wurde das Herz ihrer sämtlichen Begleiter erschreckt und sie sprachen: „Sie muß diesem von dem alten Brahmanen aufgestellten Mörder entrissen werden!“ Darauf sagte die Jungfrau: „Fern sei solch ein Betrug! Denn seht! Könige entscheiden nur einmal; die Guten sprechen nur einmal und nur einmal verlobt man Mädchen: Diese drei geschehen nur einmal. Und ferner: Was vom Schicksal verhängt dir zugemessen ist, das läßt sich nimmermehr ändern. Selbst die Götter mußten das Schicksal von Pushpaka ertragen.“ Darauf fragten alle: „Wer ist dieser mit dem Namen Pushpaka?“, und das Mädchen erzählte: